Guten Tag an alle!
Ich bin Boris Atanasov, ein Cellist, der am Brüsseler Konservatorium forscht.
Konkret geht es bei meiner Frage um die Cellobögen im frühen 19. Jahrhundert: Kennt jemand von den Lesern dieses Forums Archive, die von der Bogenherstellung in Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten geblieben sind - welche Arten von Bögen wurden hergestellt ( nicht in welcher Qualitätskategorie, sondern genau welche Typen/Modelle von Bögen)? Gibt es Archive, die darüber Auskunft geben, wohin diese Bögen exportiert wurden, von welchen Händlern, Kaufleuten, an die die Bögen geliefert wurden?
Ich beabsichtige zu erforschen, wie die Verbreitung und die Rezeption des späten Cramer-Bogenmodells war, das Dr. Kai Köpp als „ Biedermeier“-Bogen bezeichnete. Ich möchte herausfinden, wo (und ob!) die Cellisten diesem neuen Tourte-Bogen (der Viotti-Schule im reformierten Pariser Konservatorium) abgeneigt waren und den Cramer-Bogen (oder seine spätere Weiterentwicklung, den „Biedermeier“-Bogen) bevorzugten. Ich habe gehört, daß diese Bögen noch bis in die 1840er Jahre hergestellt wurden und möchte herausfinden, für wem sie hergestellt wurden - ob es einige wichtige Cellisten gab, die Jahrzehnte, nachdem der neue Tourte-Bogen in ganz Europa exportiert worden war, lieber Cramer/Biedermeier-Bögen spielten. Ich gehe davon aus, daß besonders in dieser Zeit die Innovationen aus einem Land nicht so schnell in anderen Ländern akzeptiert wurden.
Können Sie mir sagen, ob Sie über Archive verfügen, die vielleicht Quellen zu diesem Thema haben?
Oder gibt es vielleicht andere Archive mit ähnlicher Dokumentation in den deutsch- und italienischsprachigen Ländern?
Jeder andere Ratschlag zu einer solchen Forschungsfrage ist mehr als willkommen!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf Ihre Antwort.
Violoncello Bögen
Moderatoren: Heidrun Eichler, Udo Kretzschmann
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Re: Violoncello Bögen
Lieber Herr Atanasov,
als einer der Moderatoren unseres Forums will ich hier schreiben, kann allerdings keine befriedigende Antwort geben. Die in Markneukirchen verfassten bzw. vorhandenen Quellen werden Sie bereits kennen: Wettengel (1828) und auch der Preis-Courant von I. Kaempffens Söhne (um 1835) wurden von Kai Köpp ausgewertet bzw. sind die entsprechenden Auszüge bei Grünke/Schmidt/Zunterer 2000, Bd. 1 S. 20 f. abgebildet. Der Cellobogen bei Kaempffe (Nr. 57) entspricht dem Cramer-Modell, während z. B. der Geigenbogen Nr. 56 schon moderner ist.
Darüber hinaus haben wir bis zur Mitte des 19. Jh. für Markneukirchen nur eine Quelle, die – allerdings sehr detailliert – über den USA-Export berichtet: Das Speditionsbuch der Firma F. T. Merz (1834-1840). Für viele Bereiche (Streich- und Zupfinstrumente, Holz- und Metallblasinstrumente) ist dieser Band schon intensiv ausgewertet worden, leider noch nicht für Bögen, Bestandteile und Saiten. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass dort bei den Bögen von Modellen gesprochen wurde.
Neben Merz gibt es noch zwei „Contobücher“ der Firma A. F. Reichel (1844-1849), die vor allem auf der Braunschweiger Messe verkauft hat, sogar an Kunden aus Norwegen. Der dort verzeichnete Metallblasinstrumentenhandel ist hier genauer dokumentiert: https://simjb.journals.qucosa.de/simjb/ ... /view/6/16. Ich hatte mir seinerzeit am Rande auch die verkauften Bögen notiert. Auch dort nur Qualitätsstufe und ggf. Material. Bei vier von 250 Bögen war noch „mit Bahn“ vermerkt.
Soweit einige Überlegungen von meiner Seite. Für Ihre Forschungen wünsche ich weiterhin gutes Gelingen
Enrico Weller
als einer der Moderatoren unseres Forums will ich hier schreiben, kann allerdings keine befriedigende Antwort geben. Die in Markneukirchen verfassten bzw. vorhandenen Quellen werden Sie bereits kennen: Wettengel (1828) und auch der Preis-Courant von I. Kaempffens Söhne (um 1835) wurden von Kai Köpp ausgewertet bzw. sind die entsprechenden Auszüge bei Grünke/Schmidt/Zunterer 2000, Bd. 1 S. 20 f. abgebildet. Der Cellobogen bei Kaempffe (Nr. 57) entspricht dem Cramer-Modell, während z. B. der Geigenbogen Nr. 56 schon moderner ist.
Darüber hinaus haben wir bis zur Mitte des 19. Jh. für Markneukirchen nur eine Quelle, die – allerdings sehr detailliert – über den USA-Export berichtet: Das Speditionsbuch der Firma F. T. Merz (1834-1840). Für viele Bereiche (Streich- und Zupfinstrumente, Holz- und Metallblasinstrumente) ist dieser Band schon intensiv ausgewertet worden, leider noch nicht für Bögen, Bestandteile und Saiten. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass dort bei den Bögen von Modellen gesprochen wurde.
Neben Merz gibt es noch zwei „Contobücher“ der Firma A. F. Reichel (1844-1849), die vor allem auf der Braunschweiger Messe verkauft hat, sogar an Kunden aus Norwegen. Der dort verzeichnete Metallblasinstrumentenhandel ist hier genauer dokumentiert: https://simjb.journals.qucosa.de/simjb/ ... /view/6/16. Ich hatte mir seinerzeit am Rande auch die verkauften Bögen notiert. Auch dort nur Qualitätsstufe und ggf. Material. Bei vier von 250 Bögen war noch „mit Bahn“ vermerkt.
Soweit einige Überlegungen von meiner Seite. Für Ihre Forschungen wünsche ich weiterhin gutes Gelingen
Enrico Weller