Eine „Opel“- Klarinette von Püchner

Moderatoren: Dr. Enrico Weller, Mario Weller

Antworten
Pylades
Beiträge: 88
Registriert: Mo 15. Mär 2010, 19:27

Eine „Opel“- Klarinette von Püchner

Beitrag von Pylades »

Noch eine Klarinette, welche dieser Tage versteigert wurde, aus meiner kleinen „virtuellen“ Sammlung. Ich schaue ein wenig über den vogtländischen Tellerrand hinaus, weil sie uns eine so interessante und für die Zeit (Nachkrieg und beginnendes „Wirtschaftswunder“ in Westdeutschland) typische Geschichte erzählt:

Die Geschichte der heimatvertriebenen Graslitzer Musikinstrumentenbauer, von denen sich mehrere mit Hilfe eines vorausschauenden Bürgermeisters in dem Städtchen Nauheim in Hessen wieder ansiedelten (http://www.schlaggitarren.de/home.php?t ... rie&kenn=5), hat mich sehr fasziniert: Unter primitivsten Bedingungen, in Nebenräumen von Gaststätten, Waschküchen usw. begannen sie, ihre Produktion wieder aufzubauen. Es wird berichtet, daß sie sich aus den Trümmern des Opel- Werks Metallabfälle holen durften. Sie gründeten einen Musikverein, in dem die Namen mehrerer bekannter Graslitzer Instrumentenmacher vertreten waren. Einige aus der jüngeren Generation wurden, wie häufig in diesen Familien, Berufsmusiker. Ein Nauheimer leitete später das Opel- Werksorchester, das bis 2002 existierte. Jetzt der Zusammenhang:

Diese B- Klarinette im Oehler-System mit Becherklappe trägt ein fein eingestochenes Monogramm „VPG“(Bild 2), und dann, offenbar nachträglich und gröber: „J. Püchner Nauheim“ und „Opel *38*“. Meine Erkundigungen ergaben, daß sie wohl noch bei Vinzenz Püchner in Graslitz gebaut , dann aber bei „Josef Püchner Nauheim“ fertiggestellt und in den 50er Jahren, wie auch viele andere Instrumente, an das Opel- Werksorchester geliefert wurde. Bei der „*38*“ handelt es sich wohl um eine Inventarnummer, wie es sie auch bei Musikvereinen gab.
Püch_s2.jpg
Püch_s2.jpg (52.22 KiB) 2810 mal betrachtet

Dr. Enrico Weller
Mitglied des Museumsvereins
Beiträge: 515
Registriert: Do 26. Jan 2006, 20:44
Wohnort: Markneukirchen

Re: Eine „Opel“- Klarinette von Püchner

Beitrag von Dr. Enrico Weller »

Auch hierzu ein kurzer Kommentar. Das Instrument scheint wirklich ein interessanter Beleg für Vertreibung und Neuanfang zu sein. Vielleicht sogar vergleichbar der Kurzendörfer-Bratsche eines Markneukirchner Innungsgründers des Jahres 1677, die noch ein Jahr vorher in Graslitz gebaut worden war. (Das war die Epoche der ersten Vertreibung im Musikwinkel.)
Ob allerdings ein in Graslitz angefangenes Instrument in Nauheim fertig gestellt wurde oder man in Nauheim einfach den Stempel der alten Heimat für einige Zeit weiterverwendet hat, bleibt für mich fraglich. Vielleicht kann das die Firma selbst klären?
Auch den Verkauf an das Opel-Orchester könnte man belegen. Durch meine Kontakte zum Musikverein Nauheim weiß ich, dass die Nauheimer Musiker auch des Öfteren im Werkorchesters des benachbarten Autobauers musiziert haben.

Viele Grüße
E. Weller

intune
Beiträge: 1675
Registriert: Di 02. Okt 2007, 11:17
Wohnort: bei sinsheim

Re: Eine „Opel“- Klarinette von Püchner

Beitrag von intune »

Hallo Pylades,

es wäre sicherlich interessant bei Püchner den sachverhalt anzufragen, es wäre ein stück historie.

einen punkt gibt es bei mir, der mich stutzig macht. es durfte bei der vertreibung nur weniges mitgenommen werden.es ist bekannt dass abwicklungspläne "mitgeführt" wurden, aber holzrohlinge?


wäre schön wenn du weiter berichtest.

grüsse

intune
Beiträge: 1675
Registriert: Di 02. Okt 2007, 11:17
Wohnort: bei sinsheim

Re: Eine „Opel“- Klarinette von Püchner

Beitrag von intune »

kleiner nachsatz:
püchner hatte auch die bundeswehr beliefert, natürlich mit "oehler" modellen.

womit die "oehler" geölt wurden entzeiht sich meiner kenntnis :-)

Antworten