Nagelneuer Weltklang Tenor Solist ??

[Stephanie]

Hallo,

Ich war letztlich in ein Musikgeschäft in Amsterdam, auf suche nach ein gutes und preiswertes Saxophon. Mann zeigte mir ein nagelneues Saxophon: ein Weltklang Tenor Solist (leider habe ich nicht die Seriennummer notiert). Wie ist dies möglich? Wenn ich gut bin informiert ist es mindestens 10 Jahre her das das letzte Saxophon (mit Aufschrift Weltklang) wurde produziert?
Hoffentlich könnt ihr mir helfen.

Mit freundliche Grüsse,

Stephanie
(Niederlande)

[Dr. Enrico Weller]

Liebe Stephanie,

so richtig kann ich Ihnen nicht helfen. Die Marke "Weltklang", die zwar zunächst vom Namen her gut klingt, aber dennoch immer in der zweiten Reihe hinter der Marke "B & S" stand, wurde schon vor 15 Jahren eingestellt. Der Rest des vogtländischen Saxophonbaus folgte nach vielen hoffnungsvollen Versuchen später - leider!
Nun wird ein Instrument zwar nach langjähriger Lagerhaltung nicht besser, dürfte aber - von einem Fachmann aufbereitet, und da gibt es auch in Holland einige - schon noch wie neu aussehen.
So wird es vielleicht gewesen sein, denn ich glaube nicht, dass heute wieder jemand die "ausgemusterte" Marke "Weltklang" verwendet. Wenn das Markenrecht eingehalten wird, könnte man das aber ohne Zweifel machen, egal wer eine solches Instrument dann heute wo auf der Welt (aber meist in Fernost) baut.

Aber vielleicht fragen Sie einfach mal den Händler in Amsterdam.

Viele Grüße
E. Weller

[Stephanie]

Ich war letztlich wieder in das Musikgeschäft in Amsterdam.

Das Saxophon hat "Weltklang Soloist" wie "Made in GDR" eingraviert, und die Seriennummer 68365.
Bin ich jetzt richtig in der Annahme das es hier wircklich um ein OstDeutsches Fabrikat handelt, und das es seit einiger Zeit in das Geschäft "herum steht"? Bei Nachfrage konnte man mir keine Antwort geben ob es ein altes (= gehalten die Seriennummer) Saxophon ist. Das Saxophon ist ohne Kratzer und Beulen, sieht wircklich nagelneu aus, und wird auch als neu angeboten.

[Mario Weller]

Hallo Stephanie.

Mein Bruder hat Ihnen schon sehr gute und vor allem korrekte Auskünfte gegeben. Ich möchte aber noch etwas Wichtiges ergänzen:
Die von Ihnen angegebene Serien-Nummer 68365 ist auch in den Originalbüchern angegeben. D.h., Ihr Saxophon ist (mit großer Wahrscheinlichkeit) kein Nachbau oder Dublikat sondern es wurde tatsächlich hier bei uns in der "Vogtländische Musikinstrumentenfabrik Markneukirchen GmbH", Werk II in Klingenthal (früher "VEB Blechblas- und Signalinstrumentenfabrik Markneukirchen / Klingenthal") gebaut. Es wurde am 8. August 1990 fertiggestellt und, wie damals auch schon üblich, in den darauffolgenden Tagen verschickt. Wohin und an welchen Händler / welches Musikhaus ist aber nicht mehr nachzuvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen Mario Weller

[Stephanie]

Hallo Enrico, hallo Mario,

Vielen Dank für euere Antworte!
War mein Gefühl doch richtig, das das Saxophon schon längere Zeit unbenutzt "herum steht".
Ich habe dieses Saxophon nicht gekauft, war aber doch sehr neugierig - daher mein erneuter Besuch in Amsterdam.

Herzliche Grüsse,

Stephanie

[Heidrun Eichler]

... und jetzt muss das arme Saxophon weiterhin in der Ecke stehen und wird nicht gespielt? Da wird es aber traurig sein und übrigens: "nicht alles in der DDR war schlecht": Saxophone z.B. oder irre ich mich da?
Oder anders gefragt: Ist ein heute gebautes Saxophon anders oder qualitativ wesentlich besser als eins, das vor 20 Jahren gebaut, aber bisher nicht gespielt wurde?

Heidrun

[intune]

ach Heidrun,

das ist die frage unter saxern schlechthin. ein weltklang von 1990 wollte ich nicht, aber ein weltklang von 1955, plus/minus, mattiert, gerollter kamin, goldbecher, schildpattbelegte tasten erweicht mein herz in nullkommanichts. deswegen stehen hier bei mir auch ein paar rum(sie liegen auch).
die saxe aus der vintage zeit sind eine glaubensauffassung. ich sage sie haben einen anderen klang wie heute, trotz fortgeschrittener messtechnik, metallurgie, messverfahren und physikerkenntnisse.
vom charme wollen wir erst gar nicht reden, so eine alte "kanne" zwingt mich in die knie.

das gilt auch für andere produkte die knie. ALLES was unmittelbar nach dem krieg produziert wurde war gut, vorausgesetzt das ausgangsmaterial war da und nutzbar.
erst die planwirtschaft hat rentabilität aus den fertigungen rausgequetscht und für vergebene verdienstorden wurde die ware schlechter, die man aber im ausland verkaufen musste um an devisen heran zu kommen.
ich habe viele ddr produkte aus den anfängen in der sammlung und freue mich sehr darüber.

zu dem ddr material eine kleine episode:
der winter 44/45 - 45/46 und 46/47 war einfach kalt. es wurde in dieser zeit fast alles verbrannt was feuer fing, egal ob es die einheimischen getan haben, flüchtlinge oder die russen.
weidezäune-sprich pfähle wurden rausgerissen und verfeuert. das vieh lief frei rum und war nicht mehr kontrollierbar, bzw konnte nicht mehr auf die weide ausgestellt werden. telegrafenmasten wurden bedingungslos gefällt, mit ein grund der äußerst schlechten kommunikation der ddr zu beginn, klaviere wurden verfeuert, risiege notenmengen der damaligen vorkriegsverlage mussten dran glauben und - die holzlager der instrumentenmacher gingen in flammen auf. das war der grund warum in den ersten jahren der sbz nicht geliefert werden konnten. geringe mengen an tonholz wurden im haus versteckt, die meisterstücke im dach eingebaut und zugemauert. edelmetall war gold wert (mit ein grund warum üebel auch aluminium-instrumente gebaut hat- wenn auch in späteren jahren).
sachverhalte die leider in büchern nicht erwähnt werden. okay war ein kleiner auszug aus meinem archiv, mein wortbeitrag zum sonntag.
cheerio